Blog Post

blogger

Unüberdachte und unüberlegte Anstalt

Thilo Schneider • Okt. 16, 2019

Vorsicht - freilaufende Insassen


Es war eine bisher wirklich ereignisreiche Woche. Nach Halle und Limburg durfte in der deutschen Politik- und Medienlandschaft ganz eifrig und fleißig herumexpertelt werden und jeder, wirklich jeder, durfte seinen Senf abgeben, selbst wenn er gar nicht gefragt wurde – wie ich, so zum Beispiel.

Hard Facts: Ein Syrer kapert in Limburg einen LKW und outet sich als erstaunlich unfähig, so einen Laster auch zu fahren, obwohl ihm doch die Kanzlerin dazu geraten hat. 

In Halle fühlt sich ein zu seinem Pech viel zu spät geborener „Internet-SS-Soldat“ dazu berufen, eine Art Hobby-Holocaust durchzuführen, scheitert aber zum Glück für fünfzig Menschen bereits an einer Holztüre. Als Quasi-Ersatzhandlung bringt er eben zwei andere Menschen um. Links spare ich mir, der Fall darf als bekannt vorausgesetzt werden. 

Michel Friedmann, ein ehemals guter Talkshowmaster und Interviewer, weiß jedenfalls sofort, dass „die Wähler der AfD ob der Tat ihre Hände nicht in Unschuld waschen können“, wie er wichtig der FAZ erzählt. Jeder, der AfD wählt, hat quasi mitgeschossen und wenn man Scripts des Tätervideos liest, wie verzweifelt der Hohlblock an seinen selbst gebauten Waffen herumfummelt – ich bin geneigt, Friedmann zu glauben. Was aber nun genau die AfD damit zu tun hat, wenn sich ein einsamer Ego-Shooter mit rechtsradikaler Propaganda zum aufgeshooteten Adolf-Ego von Halle aufpumpt, ist mir trotzdem nicht so ganz richtig klar. Entweder befruchten Wähler, die wie Muddi-SStephan gestrickt sind, die AfD – oder umgekehrt. Aber die AfD, die solche „Giganten“ wie Gedeon und Höcke in den Reihen hat, wird später eine indirekte Erklärung liefern…

Bei „Hart, aber Plasberg“, oder, wie wir hier sagen, „Fünf Stühle – eine Meinung“ sinnieren Politik- und Mediendarsteller darüber, warum Antisemitismus so ein deutsches Ding ist und wenn Nein, warum doch und warum dann Leute da bei der AfD mitmachen, die gar keine Antisemiten sind oder sich dafür wenigstens nicht halten und überhaupt. Und das wäre vielleicht interessant gewesen, wenn man mal ein AfD-Mitglied eingeladen und gefragt hätte, andererseits hätte sich so ein AfD-Mitglied, wenn es denn eingeladen worden wäre, bestimmt nicht dazu hinhetzen lassen, zu sagen: „Hey, ja, ich bin Antisemit, weil ich letzte Woche über einen Stolperstein gestolpert und mir das rechte Knie und den rechten Arm aufgeschürft habe und wenn die Juden nicht dauernd so einen Bohei um ihren Holocaust machen würden, dann wäre mir ja da garnix passiert!“ Obwohl es mir schon gefallen hätte, meinetwegen Herrn Gedeon sagen zu hören: „Ich habe nix gegen Juden, meine BESTEN FREUNDE sind Juden, aber…“ Oder, wie der Rabbi einst sagte: „Alles vor dem „aber“ ist eine Lüge!“

Apropos Politikdarsteller: Bereits im Juli hat in Leipzig der Bio-Supermarkt Biomare die Bio-Hirse des Bio-Hirse-Anbieters „Spreewälder Hirsemühle“ aussortiert, weil deren Inhaber gleichzeitig AfD-Funktionär ist und, als wäre das noch nicht schrecklich genug, seine Partei „den menschengemachten Klimawandel leugnet“. Das geht natürlich nicht, denn jeder, der Bio kauft oder auch verkauft, muss da schon auch eine gefestigte Meinung und ein stringentes Weltbild haben. Am Ende futtert man da mit Faschismus kontaminierten Hirsebrei und fährt am nächsten Freitag mit dem SUV in eine FFF-Demo. Da muss dann der Biomare Bio-Supermarkt eine Rückrufaktion starten und wer will das schon? 

Die Kunden jedenfalls finden das irgendwie gut und wie es der Zufall so will, ist dem ZDF in einer entsprechenden Reportage eine darob begeisterte Kundin des Bio-Marktes vor Kamera und Mikrofon getaumelt, die zufällig auch Bundestagsabgeordnete der Grünen ist. Beim ZDF hat man das jetzt nicht sooo genau genommen, weswegen Frau Lazar auch als „Kundin“ des Biomarkts, nicht aber als Bundestagsabgeordnete kenntlich gemacht wurde. Da soll noch einer sagen, Bundestagsabgeordnete würden sich nicht unters Volk mischen und einfach mal entafdisierte Bio-Hirse einkaufen gehen. Leider hat das ZDF seinen Beitrag aus der Mediathek gelöscht, nachdem seine Zuschauer ihre Politiker besser kennen als die hauseigenen Journalisten. Ja, ich höre schon das böse Wort vom „Gaslighting“, aber mal unter uns: Das ist doch Unsinn. Im Gegenteil helfen unsere Politiker dem gebührenfinanzierten Demokratiedekorationsfernsehen, mit den Budgets auszukommen, wenn sie sich selbst als Schauspieler zur Verfügung stellen. Das ist doch sehr löblich?

Zurück zu Friedmann und der AfD: Was sagt denn eigentlich nun die AfD zu den Vorkommnissen in Halle? In einem mittlerweile gelöschten Facebookposting (Screenshot liegt vor) des AfD-Abgeordneten Roland Ulbrich stellt dieser die Quizfrage: „Was ist schlimmer: Eine beschädigte Synagogentüre oder zwei getötete Deutsche?“ Ich würde ja „Antwort C: Dämliche Angeordnete“ nehmen, aber das stand nicht zu Auswahl. Und damit bekommt Roland Ulbrich den Sonderpreis für den hübschesten Mausrutscher 2019. Gegenquizfrage: Was waren das eigentlich für Dinger in der Synagoge? „Deutsche“ können das ja nicht gewesen sein, wenn die „zwei getöteten Deutschen“ so betont wurden. Was also, Herr Ulbrich, waren das für „Dinger“ in der Synagoge? Und was wäre schlimmer gewesen? Ein Massaker an fünfzig „Was-auch-immer-für-seltsamen-Dingern-mit-so-lustigen-Käppis-auf-dem-Kopf-aber-keine-Deutschen“ oder an „zwei Deutschen“? Vielleicht hat Friedmann doch recht? Wer Leute wie den Ulbrich wählt, der kennt ihn vielleicht nur nicht richtig – oder wählt ihn, weil er ihn doch richtig kennt?

Ganz zurück auf Anfang: Der Syrer, der so untauglich als „Kraftfahrer im Güterverkehr“ war, hatte für seine Fahrt „persönliche Gründe“. Das hat der Limburger Polizeipräsident gesagt. Das ist gut, dass das kein Terroranschlag war. Nicht auszudenken, der Täter hätte das mit einem terroristischen Hintergrund gemacht. Das ist sehr beruhigend. Und wer kennt das auch nicht? Du gehst morgens aus dem Haus, hast schlecht geschlafen und Dir Salz statt Zucker in den Kaffee gekippt und dann siehst Du an der Ampel einen Brummi und denkst Dir so: „Ja, blöder wird’s heut nimmer, pflüge ich einfach mal durch die Fußgänger hier, dann macht das wenigstens Sinn“. Daher, und weil es nur ein paar Verletzte gab, ist das nach wie vor ein „LKW-Zwischenfall“, wie es ihn täglich auf deutschen Straßen gibt.  

Dieses Land ist eine unüberdachte und unüberlegte Anstalt.

von Thilo Schneider 12 Jan., 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15 Juli, 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25 Juni, 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
Polizeikontrolle, mit Spielzeugautos nachgestellt
von Thilo Schneider 30 Mai, 2023
Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
Fallschirmjäger beim Sammeln
10 Dez., 2022
Wenn man morgens um 8 ohne Knoppers einen Staatsstreich vereitelt
Weitere Beiträge
Share by: