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Eine haarige Geschichte

Thilo Schneider • Aug. 06, 2019

Wie man kein gutes Haar lässt...

Es ist ein gar nicht so früher Morgen im August. Die Mauersegler haben sich auf den Weg in ihr Winterquartier gemacht und so wurden wir nicht in der Morgendämmerung von ihrem Geschrei geweckt. Die beste Gefährtin von allen sitzt am Frühstückstisch und es ist ihr anzusehen, dass sie über ein Problem brütet, was allenthalben besser ist, als Nachwuchs auszubrüten.

„Worüber brütest Du?“, frage ich leichtsinnigerweise, aber so ist das in einer Partnerschaft, man muss immer wieder Risiken eingehen. Sie sieht mich an und sagt: „Ach…“. Wenn sie „ach“ sagt, dann weiß ich als routinierter Frühstücksmitesser, dass jetzt gleich Schwung in die Bude kommt. Sie wiederholt sich: „Ach…“ Oha, Doppelach. Wenn DAS kommt, sollte ich eigentlich das Weite suchen, denn das wird jetzt nicht schön. Irgendein schwerwiegendes Problem hat sie, dass sie da wälzt. Doch statt sofort aufzuspringen und mit einer fadenscheinigen Ausrede abzuhauen, höre ich mich wie in Trance sagen: „Was ist denn?“

Sie seufzt: „Ich frage mich, ob mir blonde Haare nicht besser stehen als das jetzige Rot…“ Verdammt. Jetzt brauche ich mehr Diplomatie als Kennedy während der Kuba-Krise. Egal, in welche Richtung ich Stellung beziehe, sie wird auf jeden Fall falsch sein. „Ich liebe Dich mit jeder Haarfarbe…“, probiere ich es. Falsche Antwort. „Dir ist es also egal, welche Haarfarbe ich habe?“, fragt sie spitz. „Nein, so meinte ich das nicht, aber wichtig ist doch der Mensch, der unter den Haaren steckt…“, erkläre ich mich. Sie überlegt: „Würde ich mir also die Haare lila färben oder würde ich sie einfach grau werden lassen, dann wäre Dir das egal?“, will sie wissen. „Nein, doch, also, darauf kommt es doch…“ Ich gerate ins Schleudern. „Wäre es Dir auch egal, wenn ich eine Glatze hätte?“, hakt sie nach. „Hast Du aber nicht, aber ja, ich meine nein, warum solltest Du eine Glatze haben?“, verteidige ich mich. „Also sind Dir meine Haare DOCH wichtig“, triumphiert sie.

„Geliebtes Weib. Ich liebe Dich als ganzer Mensch, mit allem drum und dran und dem, was Du bist!“ versuche ich einen neuen Anlauf. „Also auch mit Haaren“, konstatiert sie. „Ja, auch mit Haaren.“ Sie überlegt: „Hat Dir das Blond besser gefallen oder gefällt Dir jetzt das Rot besser?“ Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, vom Balkon zu springen oder, wenn ich es lebensgefährlich haben will, zu sagen, „Wie? Du hast die Haarfarbe geändert? Ist mir gar nicht aufgefallen!“, aber ich entscheide mich, wieder neutral, zu antworten: „Beides steht Dir!“

Sie schnauft schwer. „Mit blonden Haaren sehe ich jünger aus, auch unschuldiger, aber die roten Haare sehen erwachsener und reifer aus“, lässt sie mich an ihren Gedanken leider teilhaben. „Meine werden grau“, versuche ich sie zu trösten. Aber das nutzt nichts. Sie schickt einen „bitte stirb jetzt. Jetzt sofort!“-Blick über den Tisch und meint trocken: „Du bist ja auch älter“. Ja, bin ich. Und meine Haarfarbe ist mir scheißegal. Ich kann von Glück sagen, dass ich mich in meinem Alter noch kämmen kann, das ist für einen Ü50 ein Privileg, für das ich verdammt dankbar bin und da ist es mir latte, ob ich da schwarze oder graue Haare kämme. Ich bin weit entfernt von einem dieser grauen Deppenpferdeschwänze, die sich manche Altersgenossen aus dem Haarring um ihre blöde Glatze flechten, um ihr Alter optisch ein paar Monate nach unten zu mogeln und ich sehe ebenfalls nicht aus wie ein Penis mit Ohren, der gleich eine Truppe junger Rekruten für den Vietnam-Einsatz drillt.

Aber das sage ich nicht. Ich will sie ja nicht anschreien. Das kann ich mit den Rekruten machen, nicht mit meiner haarigen Gefährtin. „Mir haben die blonden Haare super gut gefallen“, entscheide ich mich und hänge ein „aber das Rot passt besser zu Deinem Charakter“ hintendran. „Ich mag beides“, bekräftige ich. „Aber wenn Du Dir nicht sicher bist, dann färbe sie doch brünett?“, schlage ich vor. Wieder ein Seufzer. „Brünett sieht blöd aus“, erklärt sie, „dann sehe ich aus wie Frau Panneslowski aus dem Zweiten nebenan. Nun, ich kenne Frau Panneslowski und sie sieht blöd aus, aber das liegt zum einen an ihren aufgemalten Augenbrauen, die ein schielender Kosmetiker in unterschiedlichen Höhen angebracht hat, was ihr einen stets fragenden Gesichtsausdruck verleiht, zum anderen daran, dass sie beim Richten der Nase offenkundig den billigsten Chirurgen genommen hat, weswegen einen nicht nur die Augen, sondern auch die Nasenlöcher anstarren.

„Du siehst dann NICHT aus wie Frau Panneslowski“, stelle ich daher korrekt fest. „Aber so ähnlich“, beharrt sie und da ist auch nichts zu machen. Sie starrt mich an. „Was?“, will ich wissen und bin plötzlich furchtbar unsicher. „Deine Haare…“, hebt sie an und ich ergänze: „…sind in Ordnung, da vorhanden!“ „Du musst sie schneiden“, stellt sie fest. „Ich war erst beim Friseur“, stelle ich zurück fest. Und dann grinst sie gehässig. „Ich meine nicht Deine Kopfhaare. Dir wachsen Haare aus den Ohren und aus der Nase…“, erklärt sie. „Nicht schön“, fügt sie hinzu. Und ich höre mich diesen Satz sagen. Diesen einen einzigen Satz. Den sie mir nie – niemals – verzeihen wird. Ich konnte ihn nicht verhindern. Diesen einen Satz. Ich hätte lieber sofort sterben sollen. Mein limbisches System hat ihn ausgespuckt, ohne mich zu fragen. Einfach so. Reflex. Ich antworte mit:

„Na und? Dafür hast Du welche am Kinn.“

von Thilo Schneider 12 Jan., 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15 Juli, 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25 Juni, 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
Polizeikontrolle, mit Spielzeugautos nachgestellt
von Thilo Schneider 30 Mai, 2023
Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
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