„Europa ist die beste Idee, die Europa je hatte“ – so titeln es die Grün*Innen auf ihren Wahlplakaten. Das finde ich toll. Ich finde auch, dass Nordamerika die beste Idee ist, die Nordamerika je hatte und dass Israel die beste Idee ist, die England je hatte. Ob Englaland die beste Idee ist, die Wessex je hatte, weiß ich nicht zu sagen und traue mir kein Urteil zu.
Sie haben es vielleicht mitbekommen, aber wahrscheinlich nicht mit Interesse verfolgt: Am 26. Mai findet die Europawahl statt. Dann sind einige viele Europäer – also die, deren Regierungen sich gerne Brüsseler Weisungen unterwerfen möchten – dazu aufgerufen, abgehalfterten Politikern (oder solchen, die die jeweiligen Parteien gerne loswerden möchten ohne sie zu töten) des eigenen Landes noch ein fettes Gnadenbrot mit Wurst, Lachs, Schinken und Kaviar im Europaparlament in Brüssel zu spendieren. Von dort werden sie dann wieder zurückkommen, um dramatisch Wahlen zu verlieren (wie Martin Schulz) oder um eine „ Medaille für besondere Verdienste um Bayern in einem vereinten Europa “ umgehängt zu bekommen (wie Edmund Stoiber). Dazwischen werden sich die Gewählten damit unterhalten, eine Flut von bürokratischen und blöden Vorschriften über Europa auszukippen und Fluthelfer als „Rechtspopulisten“ zu beschimpfen.
Aus eigener Erfahrung, aber auch aus dem Austausch mit Hobbypolitikern anderer Parteien kann ich mit Fug und Recht sagen: Die Europawahl interessiert die Parteien nicht sonderlich – um es euphemistisch auszudrücken. Und die Bürger augenscheinlich auch nicht. Brüssel erscheint wie ein ferner Planet, ein Moloch, der Vorschriften herausgibt, die die einzelnen EU-Mitgliedsländer dann entweder halbherzig (wie Polen oder Ungarn) oder in verschärfter Form (wie Deutschland, das ja immer „noch einen draufzusetzen“ weiß) umsetzen. Das sind dann Gesetze und Vorschriften, für die niemand etwas kann und niemand verantwortlich ist. Wer seinen örtlichen Abgeordneten fragt, warum es eine DSGVO gibt, die einem Metzger verbietet, seinen Kunden mit Namen anzusprechen und wer dafür verantwortlich ist, bekommt als Antwort immer ein Schulterzucken und ein desinteressiertes „keine Ahnung, kommt von der EU“ als Antwort. Und worüber heute noch gelacht wird , ist dann morgen schon bitterer Ernst.
Als junger Mann war ich ein begeisterter Anhänger eines Europas ohne Grenzen, mit gleicher Währung und einfacher Reisefreiheit. Da war für mich Europa erlebbar, auch, wenn ich bei jedem Schritt in ein anderes Land immer noch die Währung umrechnen musste. Das muss ich nun nur noch in den skandinavischen Ländern, die sich dem Euro aus guten Gründen immer noch standhaft verweigern.
Mittlerweile empfinde ich dieses Europa mehr und mehr weniger als die „USE“, als vielmehr die „UdSSE“. Ich kann mir auch vorstellen, dass es vielen Politikern genauso geht, ob sie nun unwissentlich Ahnungslosigkeit demonstrieren oder wissentlich lügen. So würde beispielsweise Horst Seehofer gerne mit dem „Geordnete Rückkehr“-Gesetz Abschiebungen erleichtern. Nun ist es wohl so, dass 235.000 Ausreisepflichtigen (wobei bei 173.000 Menschen eine Duldung vorliegt) gerade einmal knapp 500 Abschiebehaftplätze gegenüberstehen. Hier also einen Abzuschiebenden unterzubringen, hat schon fast etwas von einer Pechlotterie und ist in etwa so aussichtsreich, wie eine florierende Würstchenbude vor der Kaaba in Mekka zu eröffnen. Jetzt hatte Seehofer die naheliegende Idee, Abschiebehäftlinge einfach in Haftanstalten unterzubringen, damit aber den „Zonk“ gezogen. „Geht nicht“, hat ihm der Europäische Gerichtshof zugerufen. Abschiebehäftlinge müssen nämlich getrennt von Straftätern untergebracht werden. Warum? Ja, weil das eben so ist. Sicher lässt sich da juristisch etwas basteln, warum das sehr dringend sein muss, aber warum in Zelle A kein Abschiebehäftling sitzen darf, wenn in Zelle B ein Dieb sitzt – das wissen nur Gott und der EuGH allein. „Kommt eben aus Brüssel“ oder, im Falle des EuGH, aus Luxemburg.
Das ist auch so etwas: Warum reist das Europaparlament wie in einem Wanderzirkus von Brüssel nach Luxemburg und nach Straßburg und verursacht somit Kosten von feschen 200 Millionen Euro? Monatlich werden hier 5.000 Parlamentarier und Mitarbeiter bewegt sowie acht LKW mit Akten. Die Transportkosten machen allein 10% des Budgets des EU-Parlaments aus. Der Ausstoß an CO2 für die Reisegruppe beträgt lustige 19.000 Tonnen pro Jahr. Und diese Leute geben mir dann die Abgaswerte für meinen Diesel vor…
Die meisten Bürger – mich eingeschlossen – verstehen weder, wie das EU-Parlament funktioniert und was es darf oder nicht darf. Und warum eine FDP zur ALDE-Fraktion gehört, eine AfD hingegen zur EFFD-Fraktion , zur EKR-Fraktion und durch Über- und Austritte auch zur ENF -Fraktion und der ECR-Fraktion. Und falls Sie noch nie von derartigen Fraktionen gehört haben – macht nichts. Da geht es Ihnen wie den allermeisten Wahlberechtigten, die ja eigentlich irgendwann mal Bernd Lucke, aber nie die Acre-Partei gewählt haben. Oder nie „ die blaue Partei “ gewählt haben, aber sich trotzdem in der ENF-Fraktion wiederfinden.
Ist Europa wirklich die beste Idee, die Europa je hatte? Oder doch eher, sieht man sich viele EU-Parlamentarier in Führungsfunktion an, eine im wahrsten Sinne des Wortes Schnapsidee, die Rückenschmerzen macht? Mein Tipp: Wählen Sie einfach den, den Sie auf dem Wahlplakat am Nettesten finden. Da machen Sie nichts richtig und nichts falsch, dürfen sich als Demokrat fühlen und sind genauso machtlos wie vorher und wie es Ihr gewählter Abgeordneter auch ist, nur, dass er dafür höher als Sie bezahlt wird. Aber Sie haben einen Menschen glücklich gemacht.
„Europa ist die Antwort“, blökt mich die SPD auf ihren Plakaten an. Die Frage dazu lautet: „Wo liegt Deutschland am Boden?“
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Verdammt. Irgendetwas ging schief. Daran ist nr die AfD schuld. Bitte nochmal probieren!