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In Quarantäne I

Thilo Schneider • März 20, 2020

Der erste Tag der Selbstbeschränkung

Bild von Thomas Malyska auf Pixabay
In Zeiten einer beginnenden Pandemie ist es angebracht, Ruhe zu bewahren, einen kühlen Kopf zu behalten, Sicherheits- und Hygienemaßnahmen zu ergreifen und sich von panischen Meldungen nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Wichtig sind jetzt ausreichende Wasservorräte und ein funktionierendes WLAN, um Kontakt zur Außenwelt zu halten.

„Und wie lange willst Du jetzt da drin bleiben?“, ruft der Schatz durch die geschlossene Toilettentüre. „So lange, wie es eben dauert“, rufe ich zurück. „Und wie lange wird das sein?“, will der Schatz wissen. „Was weiß ich? Es dauert, wie es eben dauert!“, antworte ich und google nach einer Meldung der Stadtverwaltung, wie viele es von uns schon hier im Schtetl erwischt hat. Aber der Schatz kann ja keine Ruhe geben. „Du bist schon eine halbe Stunde da drin!“, meldet er mir meine Aufenthaltsdauer. „Andere müssen vielleicht auch mal aufs Klo“, gibt er zusätzlich zu bedenken. „Musst Du denn?“, frage ich zurück. „Nein, noch nicht, aber vielleicht später“, höre ich den Schatz durch die Türe und er fügt „sicher irgendwann später“ hinzu, um mir Druck und ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich gebe dem Schatz einen Ratschlag: „Lass die Finger vom Tee und vom Wasser! Du weist eh nicht, wer da schon alles seine Hände drin hatte!“ Von der anderen Seite der Toilettentüre dringt entnervtes Schnaufen. „Das ist lächerlich“, merkt der Schatz an, „wenn Du nicht weg willst, dann sag das doch einfach. „Schutz vor Corona“ ist wirklich die dümmste Ausrede, um nicht mit mir Laufen gehen zu müssen!“ 

Ich muss sagen, ich finde den Schatz ziemlich leichtsinnig. Wenn ich mit ihm Laufen gehe, dann kann es durchaus sein, dass ich auf infizierte Menschen treffe, die dann husten und das war es dann und dann muss ich in Quarantäne ins Krankenhaus. Da muss ich dann bis zu meinem raschen Tode Putengeschnetzeltes aus der Großküche essen und da bin ich doch lieber hier in meinen vier Wänden und in Sicherheit. Ich hasse Putengeschnetzeltes.

„Das ist keine Ausrede“, rufe ich durch die geschlossene Türe zurück, „sondern eine verantwortungsvolle und notwendige Schutzmaßnahme.“ „Unsinn!“, brüllt der Schatz zurück, „wenn Du nicht mit mir Laufen willst, dann mache wenigstens das Klo frei und bleibe eben zu Hause!“ Ha, das hätte sie gerne! Ich bin ja nicht lebensmüde! „Und was ist mit Melanie?“, will ich wissen. „Was soll mit dem Kind denn sein? Sie war in der Schule und jetzt ist sie wieder da!“ „Ja eben. Sie war in der Schule. Und wer weiß, was sie da jetzt alles mit angeschleppt hat. Ich geh doch nicht in eine kontaminierte Wohnung“, gebe ich zu bedenken. „Du Spinner!“, brüllt der Schatz, jetzt zornig, wie mir scheint, durch die verschlossene Türe. Und dann schaltet der Schatz auf die Mutterfrequenz um, die nur echte Mütter beherrschen und die ich so hasse, weil sie mich in den Ohren schmerzt: „Du kommst jetzt SOFORT da raus!“ Dass sie kein „sonst setzt es was“ hintendran hängt, ist gerade alles. Das wäre aber auch sinnlos, dazu müsste sie die Türe eintreten. Nicht, dass ich das dem Schatz nicht zutrauen würde, er kann furchterregend sein, aber er hat vorgestern erst sämtliche Türen abgewischt und das wäre dann umsonst gewesen. Der Schatz weiß es, ich weiß es. „Ich DENK NICHT DRAN“, verteidige ich mich, „ich schütze nur mich und Euch! Hol mich doch, wenn Du meinst!“ Und ich fürchte, der letzte Halbsatz klang jetzt triumphierender, als er sein sollte. 

„Du kannst nicht ewig da drin bleiben!“, gibt der Schatz zu bedenken. „Ach ja? Ich habe hier Wasser und Klopapier, das zur Not auch essbar ist. Und ich muss ja auch nicht ewig hier drin bleiben, sondern nur, bis ein Impfstoff gefunden wird! Die Israelis sind schon dran!“ Auf der anderen Seite der Türe ist es einen Moment ruhig. Dann der Appell: „Das kann noch Wochen dauern. Du kannst keine Wochen da drin bleiben! Andere müssen außerdem auch aufs Klo!“ „Gute Güte, nehmt die Dusche“, unterbreite ich einen Lösungsvorschlag. „Auch für das große Geschäft?“, fragt der Schatz nach. Daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht. „Wir haben öffentliche Grünanlagen vor der Türe, fühlt Euch frei. Was Hundebesitzern recht ist, kann uns nur billig sein. Nehmt Plastiktütchen mit. Wofür zahle ich schließlich Steuern!“, schlage ich vor.  

Wieder kurze Stille. Dann nochmals ein, diesmal erbittertes, „Du Spinner!“. Dann hämmert der Schatz permanent gegen die Toilettentüre. Anscheinend versucht meine Gattin es mit psychologischer Kriegsführung. Aber als schlachtenerprobter Computerspielgeneral habe ich natürlich damit gerechnet und bin vorbereitet. Ich stecke mir die mitgebrachten Beats-Kopfhörer ins Handy und drehe Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ volle Kanne auf und warte zehn Minuten. Na also: Der Schatz hat aufgehört zu klopfen. Ich höre ein Klappern aus der Küche. Entweder sucht sich der Schatz jetzt eine Waffe, beispielsweise eine Axt, oder er packt zusammen, weil er zu seinen Eltern und einer freien Toilette zieht. „Was machst Du?“, brülle ich misstrauisch und ich fürchte, ich habe in meinem genialen Quarantäneplan etwas übersehen. Es ist wie bei Clausewitz: „So stimmt sich im Kriege durch den Einfluss unzähliger kleiner Umstände, die auf dem Papier nie gehörig in Betrachtung kommen können, alles herab, und man bleibt weit hinter dem Ziel.“ Sie hat etwas vor… „Lass Dich überraschen“, ahne ich mehr als ich es höre, weil sie das mittellaut vor sich hin brummt. 

Etwa zehn Minuten ist Ruhe. Ich beschimpfe auf Facebook Hamsterkäufer und Corona-Paniker und vertreibe mir die Zeit, auf dem geschlossenen Toilettendeckel sitzend. Anschließend schaue ich mir in paar alte „Switch“ – Folgen auf dem I-Pad an. Bis jetzt sieht es nach einem klaren Sieg für mich aus. Dann dringt mir ein gar lieblicher Duft in die Nase: Der Geruch von gebratenem Hühnchen. Das Miststück zieht alle Register. Chemische Kriegführung. Clever. Dreckig. „Du glaubst wohl, so kriegst Du mich weich!“, rufe ich unsicher durch die geschlossene Toilettentüre. Als Antwort macht es auf meinem Handy „Ping“ und es erscheint das Bild eines Brathähnchens in unserem Backofen. Dann folgt ein Text: „Wir essen jetzt gleich das. Du hast ja Dein Klopapier. Wohl bekomms.“ 

Okay. Wenn der Schatz glaubt, dass er mich damit dazu bringt, meine selbstgewählte Sicherheitsquarantäne aufzugeben – dann hat er damit recht. „Gut, ich weiche der Gewalt und komme mit erhobenen Händen ´raus! Tu mir nichts!“, flehe ich, „und lege noch ein Gedeck mehr mit auf!“ Ich schließe die Türe auf und öffne sie und blitzschnell greift eine Hand nach dem Türschlüssel und zieht ihn ab. „Na also!“, sagt der Schatz zufrieden, „Du schaust jetzt nach dem Hähnchen und ich tu, was eine Frau allein tun muss.“ Sprichts und verschwindet hinter mir in der Türe, die mit einem Wumms ins Schloss fällt. Danach ist noch das Quietschen des sich umdrehenden Türschlüssels zu hören und dann das Klappern, mit dem der Toilettendeckel geöffnet wird. 

Gut, ich habe verloren. Man muss Niederlagen auch anerkennen und kann sich ja nicht bis zur letzten Minute und Patrone im häuslichen Führerbunker verwolfsschanzen. Wahrscheinlich werden wir jetzt alle sterben. Aber wenigstens gibt es vorher noch Brathähnchen!  

von Thilo Schneider 12 Jan., 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15 Juli, 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25 Juni, 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
Polizeikontrolle, mit Spielzeugautos nachgestellt
von Thilo Schneider 30 Mai, 2023
Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
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