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Das Wandern ist des Schneiders Unlust Teil 1

Thilo Schneider • Juni 12, 2020

Gut geplant ist halb verloren

Bild von Hermann Traub auf Pixabay
Ich gebe es offen zu: Ich laufe nicht gerne. Zumindest nicht grundlos. Ich habe Übergewicht und bin Raucher und mir tut gelegentlich der Rücken weh. Einfach so. Dann setze ich mich hin und wenn ich in dieser Phase irgendwo hin muss, dann steht ein wunderbares Produkt automobiler französischer Ingenieurskunst auf meinem Hof, das neben vielen anderen Gimmicks auch Massagesitze zum Interieur zählt. Ich kann also wahlweise auf der Couch und im Auto sitzen. Mir gefällt das. 

Der Schatz aber meint in seinem Übermut, dass es mir gut täte, zu laufen und beschließt, sich selbst und damit mir eine Wanderung zu seinem Geburtstag zu bescheren. Das ist ziemlich tückisch vom Schatz, weil ich mich ja schlecht einer Wanderung zu Ehren seines Geburtsjubiläums verweigern kann, ohne wie ein rücksichtsloser Ehemann zu wirken, der „nicht einmal mit seiner Frau an ihrem Geburtstag wandern geht“. Das wäre unschön von mir und würde mir lange nachhängen. Ungefähr so lange, wie ich der Kolonne meiner Fallschirmjägerkompanie bei den Märschen nachhing, weil ich einer der Kleinsten war. Während die vorne einen Schritt machten, machten wir Hobbits hinten zwei. Wir liefen also quasi das Doppelte. Und aus diesen längst vergangenen Tagen ist bei mir eben auch ein Wanderungstrauma verblieben. Sicher wäre das anders, wenn ich mich doch zu den Panzern gemeldet hätte, da sind Hobbits beliebt, aber ich wollte lieber fliegen als fahren. Das hatte ich damals davon und bis heute habe ich das mitgenommen. Aber ich schweife ab. 

Der Schatz hat sich auch schon eine Route ausgedacht. Es soll auf die Karlshöhe gehen, wo immer das ist. Es sei auch nicht weit, also, quasi ein Spaziergang, den könnte ich auch rückwärts laufen, so einfach wäre das und außerdem würden Martin und Lena mitlaufen und Martin hätte bereits drei Herzinfarkte, zwei neue Hüften und eine Insolvenz hinter sich, das könnte ich locker auch! Weil ich aber keine Herzinfarkte, Insolvenzen und neue Hüftgelenke habe, sehe ich bei mir diese zwingenden Voraussetzungen nicht gegeben. Mein diesbezüglicher Einwand wird aber unter Hinweis auf meinen Bodymaßindex abgeschmettert. Außerdem wolle ich ja wohl keine Hüften, Herzinfarkte und Insolvenzen haben, da müsse ich was tun. Auch mein Vorschlag, als geeignete Gegenmaßnahme, Arzt, Krankenversicherung und Steuerberater zu wechseln, wird konsequent verworfen. 

Ich versuche es mit einem Trick: „Karlshöhe ist in Schweden. Ich fahre doch nicht nach Schweden, um zu wandern! Da sterben außerdem die Leute an Corona wie die Fliegen!“ „Du meinst „Karlskrona“ und wieder reden weder über Karlshorst, noch Karlstein, noch Karlstadt, noch Karlsruhe, sondern lediglich über eine Wanderhütte hier in der Nähe, die Karlshöhe heißt“, belehrt mich der Schatz und zwinkert mir belustigt zu, weil er meinen Bluff durchschaut hat. 

Nun heißt ein Ort nicht „Karlshöhe“, weil er in einem Tal oder auf einer Ebene liegt. Ein Ort mit diesem Namen liegt hooooch auf einem Berggipfel, sturmgepeitscht und jedem launigen Wetter erbarmungslos ausgesetzt. Eine kurze Wikipedia-Anfrage bringt noch mehr Erschütterndes ans Licht und aufs Handydisplay: „Karlshöhe“ ist eine Einöde, was Wikipedia als „aufgelassene und wiederaufgenommene Siedlungsstelle“ definiert. Dieser einsame Flecken Erde liegt satte 454 Meter „über Normal“, da dürfte die Luft schon verdammt dünn sein. Es steht dort ein trauriges Forsthaus, das jeden kanadischen Holzfäller in die Depression treiben dürfte, das von einem böhmischen Bahnhofsgebäude ohne Bahnhof oder Gleise arrondiert wird. Jenes hat der örtliche Fürst in Böhmen abmontieren und mitten in der bayerisch-hessischen Walachei wieder zusammenpuzzeln lassen. Warum auch immer er das getan hat.

„Aber es gibt da einen Biergarten“, tröstet mich der Schatz. 
Wo ein Biergarten ist, gibt es Bier. Und wo es Bier gibt, muss es transportiert werden. Und wo etwas transportiert wird, gibt es auch einen befahrbaren Weg oder sogar eine Straße. Und wo es eine befahrbare Straße gibt, kann ich doch mein französisches Spitzentechnologieprod… „Nein!“, unterbricht der Schatz meine Gedankenkette, „wir laufen! Laufen macht Spaß! Und man kommt an die frische Luft!“ Als ob das mit Hilfe einer Klimaanlage und einem offenen Fahrerfenster nicht auch ginge… Aber wenn sich der Schatz etwas in den Kopf gesetzt hat, dann will er das auch machen, und sei es mit seinem adipösen, faulen, kurzatmigen und rauchenden Mann. 

Ich schaue mir das Ganze auf einer interaktiven Wanderkarte an: Es gilt, fette drei Kilometer (einfach!) bergauf zu laufen und dabei knackige 240 Höhenmeter zu überwinden. Es gibt Leute, die nehmen für so etwas einen Helikopter. Da ich aber keinen Helikopter habe, sehe ich mich einer Grenzerfahrung gegenüber, auf die ich liebend gerne verzichten würde. Aber weil es doch der Geburtstag vom Schatz ist, wird mir nichts anderes übrigbleiben, als meine Beine in die Hand zu nehmen und zu hoffen, dass es auf der vermaledeiten Einöd-Höhe wenigstens etwas zu essen gibt. Ich werde, ob es mir passt oder nicht, wenigstens zwei Stunden Lebenszeit damit vertun müssen, unter Mühen und Qualen einen völlig unfreundlichen und uninteressanten Ort zu erreichen, den ich genauso gut hätte anfahren können. Aber was tut man nicht alles aus Liebe. Und Angst. 

Und so zogen wir dann des Morgens los… (tbc)
von Thilo Schneider 12 Jan., 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
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